B.de Spinoza: Recht und Gewalt (alle)

Devino M., Sonntag, 06.02.2022, 11:37 (vor 971 Tagen) @ Devino M.

"Jeder hat so viel Recht, wie er Gewalt hat."

- Baruch de Spinoza -
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Jeder hat so viel Recht, wie Einfluss in seiner Macht steht, mag man passender dazu sagen wollen. Denn alles unterliegt verschiedenen Einflüssen und richtet sich nach dem größtmöglichen Einflussbereich, oft auch ohne sich dessen im einzelnen bewusst zu sein. Damit räumt man sowohl sich selbst seinen geistigen Handlungsspielraum ein, als auch den Raum, den man anderen damit anbietet. Diesem ist auch verschiedene Art der Obrigkeitshörigkeit nicht fern, was man mit als ein sehr gewichtiges Thema derzeit ansieht.

Das was man anderen einräumt, beinhaltet meist auch eine Suggestion dessen, wie man sich selbst im Verhältnis zu anderen sieht und wie man erwartet, dass andere sich darauf einstellen oder es annehmen und ggf. wie andere mit einem umgehen sollen anhand dessen. An sich ist dies ein legitimer und fast instinktiver Vorgang und nichts ungewöhnliches. Dennoch sollte man sich nicht anmaßen zu meinen, andere könnten oder dürften nur den Weg gehen, den man sich für sie ausgemalt hat oder unter welchen Bedingungen sie einen Weg zu gehen hätten. Natürlich haben sie auf ihrer eigenen Seite die selben Optionen und können sich daher auch für andere Wege entscheiden, in welche man andererseits dann vielleicht einbezogen wird oder auch nicht mehr. Da es entweder zusammengeht und passt oder eben nicht. Die größte Anmaßung mithin ist anderen zuordnen zu wollen, dass se bloß das sind oder sein sollen, was man meint, dass sie sind oder sein sollen, womit man sicher verkennt, dass gerade dies lediglich der Handlungsspielraum ist, den man anderen im Umgang einräumt. Es ist dann sogar sinnvoll manche Rollenzuordnung abzulehnen und sich selbst eine Ausrichtung zu wählen die anders ist, als manches Raumangebot anzunehmen. So dass allerdings auch mancher Umgang dann entfallen wird, wo man nur verschiedene Rollen oder Schubladen dargeboten bekommt. Darin kann mehr Freiheit gefunden werden, als man annimmt, dieses würde durch äußere Umstände allein beschränkt sein. Aber was ist der Raum, den man selbst anderen gewillt ist einzuräumen? Sieht man sie auf Augenhöhe oder erwartet man vielleicht doch, dass andere gewisse Rollen annehmen sollen, damit man sich in seiner eigenen Rolle gefällt?

Es ist derzeit sicher sogar sehr gefragt, dass man in der Lage ist sich seinen Weg zu wählen und selbst zu beschreiten. Auch wenn dieser Weg noch so unvollkommen ist, wie es auch Krishna in der Bhagavad Gita sagt, ist dennoch der eigene Weg wertvoller, als das, was man im Sinne anderer vielleicht noch viel besser machen kann, aber es einem weder entspricht noch wozu man selbst berufen ist. Nicht alles was bei anderen in der einen oder anderen Weise funktioniert hat, muss bei jedem anderen auch so funktionieren, da bekanntlich keiner ein unbeschriebenes Blatt ist und so auch die eigenen Konstellationen und Möglichkeiten eine entscheidende Rolle spielen werden. Das was derzeit weniger Unterstützung findet, sind die verschiedenen Arten und Wege, wenn man die eigene Verantwortung auf andere abwälzt oder erwartet, dass andere für einen alles entscheiden oder alles für einen machen sollen und einem einfach nur gesagt wird, was für einen der besten Weg sein soll u.ä. Damit wird dann vieles aktiviert, was weniger günstig für einen oder andere ist, da man selbst nicht in die Verantwortung eintritt, die einem obliegt. Hat man sich die Wahl eigener Entscheidungen abgewöhnt, durch z.B. Obrigkeitshörigkeit, dann ist man wenig Handlungsfreudig oder fähig, ohne dass man erst eine andere Meinung für alles einholen muss, um dann letztlich dass zu tun, was andere für sinnvoll erachten, nachdem man andere Argumente als die eigenen bloß übernommen hat.

Ein jeder hat ein gewisses Recht, selbst das Übel hat ein gewisses Recht darauf auch sein Übel auszuleben. Nur ist es nicht so, dass andere darauf eingehen müssen oder es unterstützen müssen; vielmehr ist dann auch zurecht mit Widerstand zu rechnen oder dass Bemühungen da sind verschiedenen Schaden abzuwenden (vor allem wenn letzteres größer ist als jeglicher Nutzen). Dennoch hat man dadurch kein Anrecht darauf dem Übel zu verwehren, bestehen zu dürfen (was manchmal übersehen wird, im Vorgehen gegen verschiedenes Übel) oder dass auch das Übel gewisse Einflusskreise und Bereiche hat, wie alles andere, und ebenso auch seinen Überzeugungen mit Recht folgen darf; jedoch heißt es nicht, dass man es unterstützt oder beförderte im Einflusskreis seiner Möglichkeiten. Auch heißt es nicht, dass man störrisch jeden guten Ratschlag ignoriert, sondern dass man die Verantwortung als die eigene auf sich nimmt, ob man einen Ratschlag befolgt oder nicht. Ebenso wie bloß gegen etwas zu sein, noch kein Argument für etwas beinhaltet.

Man muss nicht auf die dargebotenen Verhältnisse eingehen, wenn sie nicht annehmbar für einen sind, allerdings auch nicht nachtragend sein, wenn andere ebenso verfahren. Es ist nicht bloß die eigene Realität über alle maßen richtig und alle anderen dann nur bedingt oder weil man sich für dies und jenes selbst hält, sollten andere sich einem in irgend einer Form unterordnen. Das nämlich sieht aus jeder individuellen Sicht genau auf die eigene Sichtweise richtig aus, aber man weiß und kennt nicht alle Mittel und Wege, wie sie von Gott selbst dargeboten werden. Und vieles benötigt erst manche Krise oder auch manch scheinbar schlechtes Erlebnis, wodurch erst die positiven Ansichten der Seele in denjenigen aktiv werden. Somit hat ein jeder auch ein Recht darauf scheinbar Fehler zu machen, um die Erfahrung darüber sammeln zu können, wie man etwas auch nicht macht oder besser anders machen kann. Ist Gewalt im Spiel, dann hat das Recht meist versagt oder wurde verkannt.


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